Bwlch Valentino

Wer war Bwlch Valentino?

Wo liegen seine Wurzeln?

von Joachim Völksen

 

Die meisten Reitponys in Deutschland haben ihn im Pedigree. Sogar in einigen Welsh-B-Linien (über FS-Stuten) ist er vertreten. Über seine Herkunft wurde bislang wenig berichtet.  Auch in der Fachliteratur ist nicht viel von Bwlch Valentino zu finden, obwohl ihm die Reitpony-Zucht in Großbritannien und auf dem europäischen Festland viele hervorragende Ponyzuchtlinien zu verdanken hat. Ein  Blick in seine Abstammung erstaunt und begeistert gleichermaßen. Ein Grund mehr, seinen Spuren zu folgen.

 

Geschichte des Bwlch-Gestütes

Das Bwlch Gestüt hat eine lange Tradition. Gegründet wurde es um 1880 von Mr. James P.W. Gwynne Holford, Gutsbesitzer in der Ortschaft Bwlch in Breconshire, an der heutigen A40, die von Abergavenny nach Brecon führt. Mr. Holford war es auch, der bei seiner Tochter Nell (später Mrs. Nell Pennell) das Interesse für Welsh-Ponys und die Reiterei weckte. 1916 verstarb Mr. Holford, der selbst von 1901 bis 1903 Vizepräsident der Welsh Pony and Cob Society und über viele Jahre Abgeordneter im Britischen Parlament war. Seine Tochter Nell Pennell führte das Gestüt weiter und konnte auch in den 20-er und 30-er Jahren zahlreiche Schauerfolge verbuchen, z.B. mit der A-Stute Quicksilver. In den Wirren des Zweiten Weltkrieges wurde die Zucht eingestellt und die Ponys wurden verkauft. Nach dem Tod ihrer Mutter zog Nell Pennell zu ihren Töchtern Mary und Sally auf die Tweenhills Farm nach Hartpury (Gloucester), dem Familienbesitz ihrer Mutter. Mit Tochter Mary (später Mrs Mary Redvers, Richterin auf der IG-Bundesschau in Aachen), baute sie das Gestüt 1945 wieder auf. In erster Linie kamen Criban-Ponys zum Einsatz. Da aber in der Region um Gloucester zu üppiges Grünland vorhanden war, um A's und B's zu züchten, entschied man sich für die Zucht von Riding Ponys. Der Gestütsname Bwlch, benannt nach dem früheren Wohnort, blieb aber erhalten. Mrs Nell Pennell war über 20 Jahre für die Öffentlichkeitsarbeit der Welsh Pony and Cob Society verantwortlich, von 1937/1938 und 1954/1955 als Präsidentin.

 

Bwlch Valentino                    geb. 1950                               gest. 1975  

 

 

                                         Bwlch Valentino

Riding Pony

Valentine

Polo Pony

(Riding Pony)

Malice

Polo Pony

von Malandante

Silverspray

Part-Bred Arab

von Zoolphokar

Part-Bred Arab

Bwlch

Goldflake

Riding Pony

Meteoric

Thoroughbred

von Sunstar

Thoroughbred

Cigarette

Riding Pony

aus der Sigiorette

 

Blick ins Pedigree

Ein Blick in das Pedigree von Bwlch Valentino erstaunt und begeistert gleichermaßen. Eine sehr abwechslungsreiche Ahnentafel hat uns einen Hengst beschert, der seine vielen Vorzüge wie: Härte, Intelligenz, Leichtrittigkeit, markantes Gesicht, lange Halsung und ein trockenes Fundament, größtenteils an seine Nachkommen weitergegeben hat.

 

Valentino erblickte 1950 bei seiner Züchterin Mrs Nell Pennell auf der Tweenhills Farm in Hartpury (Gloucester), das Licht der Welt. Seine Mutter, Bwlch Goldflake (* 1927), wurde von Mrs Pennell als ältere Reitponystute erworben und mit dem eigenen Präfix versehen. Ihr Vater, der Vollblüter Meteoric xx (*1920), war ein Sohn des Derby-Gewinners Sunstar xx (*1908). Valentinos Großmutter Cigarette (*1901) sagt man  nach, dass sie zur damaligen Zeit ein sehr erfolgreiches „Flapping“ Pony gewesen ist. Flapping könnte man sinngemäß mit  „Querfeldeinrennen“ übersetzen.

 

Im Alter von 22 Jahren brachte man Goldflake zu dem Polo-Pony-Hengst Valentine (*1933), (siehe auch weiter Nachtrag Polo-Pony), der selbst von Malice (*1920), einem im Argentinischen Zuchtbuch registrierten Malandante (*1914) - Sohn abstammt, während seine Mutter die Partbred-Araberstute Silverspray (*1923) war. Auf den ersten Blick erscheint die Ahnentafel wie ein Konglomerat aus mehreren Rassen. Auf den zweiten Blick allerdings findet man sowohl auf der Vater- als auch auf der Mutterseite eine erhebliche Portion Englisches Vollblut.

 

Bei Bwlch Valentino ergibt sich in etwa folgende Blutverteilung:

ca. 50% Vollblut (durch seinen Vater Valentine und seine Mutter Bwlch Goldflake)

ca. 25% Orientalisches Blut und 25% sonstige Ponyrassen, mit Welshanteil.

 

Valentino wird von seiner Besitzerin während seiner Fohlenzeit als sehr zurückhaltend beschrieben, wenngleich ihn eine gewisse Aura umgab. Nur einmal wurde er als Fohlen ausgestellt und gewann auch seine Klasse. Mrs Pennell wusste sein Vererbungspotential wohl nicht so recht einzuschätzen. Sie verpachtete ihn dreijährig an Llewellyn Richards vom Criban-Gestüt. Dort lieferte er einige recht erfolgreiche Nachkommen, wie z.B. Criban Silver und Criban Dart, die beide im Oktober 1954 in die USA verkauft wurden. Zu dieser Zeit sollte Valentino eigentlich als Reitwallach an Mr. Keith Lee-Smith verkauft werden.

 

Das Schicksal wendete sich

Zwei Wochen bevor Valentino gelegt werden sollte, revidierte Mrs Pennell ihren Entschluss und verkaufte ihn an Mr Vivian Eckley vom Cusop Gestüt unter der Bedingung, dass ihre Lieblingsstute Miss Minette weiter von Bwlch Valentino gedeckt wird. Aus dieser Anpaarung fielen so erfolgreiche Hengste wie Bwlch Zephyr, Bwlch Zip, Bwlch Zingaree und die Stute Bwlch Minuet, die 1960 Royal Welsh-Champion der gerittenen Klassen wurde.

 

Auf Cusop wirkte Bwlch Valentino Zeit seines Lebens. 1975 ist er an Altersschwäche gestorben. Dort zeugte er so bedeutende Nachzucht wie z.B. die „Ponies of the Year“ Cusop Quickstep (1962), Cusop Pollyanna (1963) und Cusop Pirouette (1966). In Reitklassen wurde er zu dieser Zeit von Vivian Eckleys Tochter Jocelyn (heute Mrs J. Price/Courtway Stud), erfolgreich vorgestellt. Durch die Erfolge seiner Nachzucht wurden viele Züchter nachträglich auf ihn aufmerksam und schickten ihre Stuten zu ihm nach Cusop. So auch Mrs Sybil Colledge vom Oakley-Gestüt. Sie brachte die Count Dorsatz-Tochter Bubbles nach Hay On Way, um sie von Valentino belegen zu lassen.

 

Zu seiner Nachkommenschaft

Die Verbreitung seiner Gene erfolgte in Deutschland über seinen Sohn Oakley (C) Bubbling Bobbety (in Deutschland unter dem Namen Valentino bekannt), den Hans-Georg Bönniger, unterstützt durch seinen Trakehnerfreund Gottfried Hogen, 1974  aus England importiert hat. Dr. Dieter Schön, damals Zuchtleiter des Pferdestammbuches Weser-Ems, hatte ihn auf den Hengst aufmerksam gemacht. Er hatte den Hengst während einer seiner zahlreichen Reisen durch England auf einer Schau entdeckt. In Holland wurde Valentino in erster Linie durch den Großenkel Oakley (C) Bubbling On vertreten.

 

Über Goldflake (*1927), Riding Pony, die Mutter Valentinos, resümiert Dick Richards 1966: „Then came the champion 13.2 pony Goldflake, Mary`s first big winner under saddle. She afterwards became the dam of many winners including the famous Bwlch Valentino, perhaps the best sire of riding ponies ever - now at the Cusop Stud“ , zitiert nach Recollections of the Early Welsh Studs, by Nell Pennel, WPCS 1987, S. 3).

 

Dr. Wynne Davies schreibt: The two most influential Riding ponies, post Second World War, were undoubtedly the stallion Bwlch Valentino with his Welsh g-g-dam (dam of Cigarette) and the mare Pretty Polly, daughter of the Welsh Gypsy Gold.“...

Valentino was not to become a show animal but a sire who left an indelible mark on the British riding pony. His breeding was mainly Thoroughbred but he inherited enough Welsh blood to retain and procriate `pony` character and it was thought that his exceptional movement came from Malice (Davies Wynne, The Welsh Pony, 2006, S. 144-146).

 

 

Nachsatz

 

Das Polo-Pony

Der Polo-Sport hat seinen Ursprung in Persien und wurde dort bereits 600 vor Chr. an den Königshöfen gespielt. Hier kamen in erster Linie Arabische Pferde zum Einsatz. Auf Grund seiner großen Beliebtheit avancierte Polo später zum Nationalsport. Während der Kolonialzeit kam der Polo-Sport nach Großbritannien, wo 1873 der erste Polo-Club in Hurlingham gegründet wurde. Durch Auswanderer gelangte er nach Argentinien. Dort stieß die neue Sportart auf großes Interesse. Durch Kreuzung südamerikanischer Ponystuten (darunter auch Criollos) mit Englischen Vollblütern oder Hengsten orientalischen Ursprungs, wurde eine Ponyrasse gezüchtet, die sich sehr gut für den Polo-Sport eignet. In den Kriegsjahren wurde es in Europa ruhig um diesen Sport. In Argentinien wurde er jedoch weiterentwickelt. Diese Fortschritte führten zu einer unangefochtenen Dominanz der Argentinischen Einflüsse auf die weltweite Polo-Szene. Die Polo Pony Society wurde 1910 in National Pony Society (NPS) umbenannt.

 

Nach 1945 wurden wieder zahlreiche Polo-Ponys von Argentinien nach England importiert. In Argentinien wird diese Variante nun seit über 120 Jahren gezüchtet, aber erst seit 1984 in einem offenen Stutbuch erfasst. Die besonderen Vorzüge des Polo-Ponys liegen in seiner Härte, Wendigkeit, Schnelligkeit und Intelligenz.

 

Quellen: Jahrbücher der WPCS, www.allbreedpedigree.com

Veröffentlichungen von Dr. Wynne Davies

Infos von Henk van Dijk, Norbert Hahn, Dr. Dieter Schön

Besonderen Dank an Eberhard Holin für spezielle Recherche

 

 

 

Bwlch Valentino mit Reiterin Jocelyn Eckley Foto:UK
Bwlch Valentino Foto:UK
Foto: Fam. Eckley
Oakley(C)Bubbling Bobbety in Deutschland Valentino, (Bönninger) Foto: Ernst
Oakley(C)Bubbling Spring Foto:NL
Oakley(C)Bubbling On Foto:NL